Trenntwende: Herr Nowikow, Berlin ist die Hauptstadt der Großveranstaltungen. Der Karneval der Kulturen, der Christopher Street Day, aber auch Sportveranstaltungen wie der Berlin-Marathon locken hunderttausende Besucher auf die Straßen. Was ist der Rest vom Fest – sprich, was bleibt an Müll zurück?
Nowikow: Bisher gibt es nur Schätzungen, da für die Abfallentsorgung von den Veranstaltern unterschiedliche Unternehmen beauftragt werden. Insgesamt gehen wir aber davon aus, dass bei den vielen öffentlichen Großveranstaltungen in Berlin 1.600 Tonnen Müll entstehen. Allein 800 Tonnen entstehen bei den Großveranstaltungen, die von mehr als 100.000 Personen besucht werden.
Trenntwende: Wie ist Ihr Eindruck: Nimmt der Müll auf den Veranstaltungen eher zu oder eher ab?
Nowikow: Die Müllmenge nimmt zu.
Trenntwende: Woran liegt das?
Nowikow: Die momentane „To-Go“ und Einweg-Mentalität in unserer Gesellschaft führt leider dazu, dass auch auf Großveranstaltungen mehr Müll entsteht. Die Müllberge sind aber nicht das einzige Problem. Auch die Mülltrennung bei Großveranstaltungen ist mangelhaft. Aufgestellte Behälter für eine getrennte Abfallsammlung werden nicht als solche wahrgenommen. Weder bei den Händlern noch bei den Besuchern. Auch das muss sich ändern.
Trenntwende: Welche verschiedenen Möglichkeiten haben Veranstalter und Händler, um die Müllmengen auf ihren Veranstaltungen zu reduzieren?
Nowikow: Bereits vor 20 Jahren wurden vom Berliner Senat Auflagen zu Müllvermeidung auf Großveranstaltungen erarbeitet. Die wichtigsten Punkte wurden schon damals benannt: Speisen und Getränke sollen in Mehrwegbehältern ausgegeben werden, Portionspackungen für Zucker, Ketchup und Mayonnaise sollen vermieden werden. Leider werden die Auflagen von den zuständigen Ämtern nicht konsequent angewendet.
Trenntwende: Und was kann ich als Besucher selbst zur Abfallvermeidung beitragen?
Nowikow: Als Besucher können sie sich beispielsweise die Bratwurst direkt ins Brötchen legen lassen und auf den Pappteller verzichten. Oder Sie kaufen Getränke an den Ständen, wo Sie in Mehrwegbechern angeboten werden.
Trenntwende: Hauptargument gegen Mehrweggeschirr sind die höheren Kosten gegenüber Einweg-Lösungen. Ist Mehrweg wirklich teurer?
Nowikow: Bei kleineren Veranstaltungen sind die Kosten für Mehrweggeschirr gegenüber Papp- bzw. Kunststoff-Einwegtellern wirklich höher. Bei größeren und mehrtägigen Events ist die Verwendung von Mehrweggeschirr dagegen häufig wesentlich preisgünstiger.
Trenntwende: Hand aufs Herz. Das Umweltfestival der Grünen Liga Berlin besuchen über 100.000 Menschen. Wie viel Müll muss die Grüne Liga nach ihrer eigenen Großveranstaltung entsorgen?
Nowikow: Wir benötigen nach dem Umweltfestival keinen Entsorger zum Aufräumen. Unsere Aussteller sind verpflichtet, Mehrwegverpackungen zu verwenden und dürfen Informationsmaterial nur am eigenen Stand verteilen. Am Ende der Veranstaltung müssen sie den eigenen Müll wieder mitnehmen.
Trenntwende: Die Grüne Liga führt in Berlin ein Projekt zur Müllreduzierung bei Großveranstaltungen durch. Ist schon ein Konzept in Aussicht, von dem andere Veranstalter profitieren können?
Nowikow: Spätestens zum Projektende im März 2013 werden wir ein ökologisch-nachhaltiges Handlungskonzept als Gesamtergebnis vorstellen.
Bildquelle: Grüne Liga Berlin